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Grants große Reise

Vom High School Star zum NBA-Draftee und vom Rampenlicht in die bosnische Diaspora: Grant Jerrett hat die Höhen und Tiefen des Basketball-Business‘ erlebt.

Grant Jerrett hat in seiner Karriere schon viele Experten überrascht. Erst gehypt, dann unterschätzt und mit 20 Jahren plötzlich in der NBA. Doch angekommen war der Big Man mit dem sicheren Händchen längst noch nicht: Sein Weg nach Ulm führte ihn über China, Japan und Bosnien. Eine Odyssee, die den zurückhaltenden Amerikaner nachhaltig geprägt hat. 

Grant Jerrett ist „eine merkwürdige Kombination aus hohen Hüften, dünnen Beinen und schmalen Schultern.“ So beschrieb DraftExpress.com, eine der profiliertesten Scouting-Seiten in den USA, den 2,08 Meter großen Grant, der sich allen Erwartungen zum Trotze 2013 zum NBA Draft anmeldete. Auch sein damaliger Trainer an der University of Arizona, Sean Miller, ist „sehr überrascht von seiner Entscheidung“, nach nur einem Jahr das College verlassen zu wollen. 
Die Arizona Wildcats waren für Jerrett das Sprungbrett zur NBA Foto: University of Arizona Athletics
Als Grant Jarrett im Sommer 2012 an die University of Arizona kommt, gilt er als eines der größten Talente seines Jahrgangs. In seinem letzten High School-Jahr wird er McDonalds All-American und spielt im berühmten Jordan Brand Classic. ESPN stuft ihn als neuntbesten Spieler seines Jahrgangs ein. Doch die Vorschusslorbeeren übertragen sich nicht aufs College-Parkett: In einem überfüllten „Wildcats“-Frontcourt zeigt der Big Man zwar gute Ansätze – und ist direkt bester Dreierschütze des Teams (40,5% 3er) –, bleibt mit 5,2 Punkten, 3,6 Rebounds und lediglich zwei gestarteten Spielen aber hinter den hohen Erwartungen zurück.

Was viele nicht wissen: Der damals 19-Jährige fühlt sich in Arizona nie richtig wohl. Hinzu kommen private Probleme. Die erneute Krebserkrankung seiner Mutter macht ihm zu schaffen. „Als mir meine Mutter gesagt hat, dass der Krebs zurückgekommen ist, hatte ich natürlich Angst um sie.“ Sein Entschluss steht fest: Der von vielen Experten als Exot beschriebene Big Man versucht sein Glück in der NBA. 

„Es passiert selten, dass ein 2,08-Meter-Kerl 40 Prozent von der Dreierlinie wirft.“

Vor der Talentziehung rankt DraftExpress Jerrett in seiner Prognose an 68. Stelle –  also außerhalb der 60 Spieler, die vermeintlich gezogen werden. Nur sein ehemaliger High School Coach, Brandon Lee, glaubt an den Center. Er vergleicht ihn mit erfolgreichen Shooting-Big-Man wie Ryan Anderson: „Jeder sucht nach Stretch Fours – und genau das ist Jerrett.“ Und genau Grants Potential als Schütze ist es, das die NBA-Entscheider überzeugt: Am Draft-Abend 2013 wird er an 40. Stelle von Portland gezogen – und direkt nach Oklahoma City weiterverschifft. „Es passiert selten, dass ein 2,08-Meter-Kerl 40 Prozent von der Dreierlinie wirft“, sagt Oklahoma Citys GM Troy Weaver damals über seinen Draftee. „Für einen großen Spieler hat er unglaubliche Wurfqualitäten.“ Nachdem der Center sein erstes Profijahr weitgehend beim Farmteam der Thunder, den Tulsa 66ers, in der G-League verbringt und dort mit 15,3 Punkten ins All-Rookie-2nd-Team nominiert wird, untermauern die Thunder ihr Vertrauen in ihn und nehmen ihn im Sommer 2014 für mehrere Jahre unter Vertrag.
Grant Jerrett ist immer mit 100 Prozent Einsatz dabei. Foto: Alexander Fischer
Doch in der NBA angekommen ist Grant damit noch nicht – im Gegenteil: In der Saison 2014/15 pendelt er zwischen Glitzerwelt und zweiter Reihe hin und her, trainiert regelmäßig mit Russell Westbrook, Kevin Durant und Co., macht den Großteil seiner Spiele aber für das G-League-Farmteam. Als die Thunder ihn im Februar 2015 als Teil eines großen Trades zu den Utah Jazz verschicken, dreht sich das Hamsterrad genauso weiter: Allein im März 2015 wird Jerrett von seinem neuen Arbeitgeber zweimal in die G-League geschickt und wenige Tage später wieder zurückgeholt – es ist das typische Prozedere für junge Spieler, die bei Verletzungen der NBA-Stars den Kader auffüllen. Im Oktober 2015 wird Jerrett final von den Jazz gestrichen.

Im Hamsterrad zwischen Glitzerwelt und zweiter Reihe

Nach einer Verletzung am Ellenbogen scheint sein Kindheitstraum endgültig geplatzt. Zehn Monate lang ist Grant ohne Club und arbeitet verbissen an seinem Comeback. Im Herbst 2016 sieht es noch einmal so aus, als könnte sich Jerretts NBA-Traum doch noch erfüllen – und zwar ausgerechnet bei dem Team, das ihn 2013 ursprünglich gedraftet hat: den Portland Trail Blazers. In der Preseason kämpft er um den 15. und letzten Roster-Spot – und hinterlässt einen guten Eindruck. „Er wirft den Ball gut, trifft gute Entscheidungen, spielt seine Rolle und ist ein smarter Basketball-Spieler“, lobt kein Geringerer als Portlands Star-Guard C.J. McCollum. „Er ist jemand, der die richtigen Entscheidungen trifft.“ Trotzdem reicht es ganz knapp wieder nicht: Am 21. Oktober – ein Tag vor Saisonbeginn – wird Jerrett aus dem Kader der Blazers gestrichen. Als einer der beiden letzten Spieler. „Ich war echt sauer. Am nächsten Tag bin ich zurück nach Kalifornien geflogen und habe mir eine Auszeit von alldem genommen. Das hat mich wirklich genervt“, erinnert sich Grant an die Enttäuschung.

Peking war seine erste Station außerhalb seiner Heimat Foto: Privat
Nach vier Preseason-Auftritten für Portland und weiteren zehn Spielen für das G-League-Team der Canton Charge zieht Jerrett am 16. Dezember 2016 einen (vorläufigen) Schlussstrich unter das Kapitel NBA: Er kündigt seinen Vertrag in Canton auf und unterschreibt bei den Beijing Ducks in China. Damit verschwindet der Kalifornier nach und nach vom Radar der Basketball-Welt.

Wir Grants spannende Reise weitergeht, erfahren Sie in der Dezember-Ausgabe der OrangeZone.
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